Als Usūl al-fiqh ‚(Wurzeln des Verstehens)' wird im islamischen Wissenschaftssystem diejenige Disziplin bezeichnet, die sich mit den Quellen und methodischen Grundlagen der Normenfindung
(Fiqh) befasst. Die Usūl al-fiqh stehen hierbei den Furūʿ al-fiqh ("Zweige des Verstehens, Rechtsanwendungen") gegenüber, womit die analytische und madhabspezifische Erörterung
der Rechtsnormen im Bereich der gottesdienstlichen Handlungen (ʿIbādāt) und der zwischenmenschlichen Beziehungen (muʿāmalāt) im sozialen Zusammenleben gemeint sind. Ein
Spezialist auf dem Gebiet der Usūl al-fiqh wird als Usūlī bezeichnet.
Zwar bilden genaugenommen Usūl al-fiqh und Furūʿ al-fiqh die beiden Teilbereiche der islamischen Rechtswissenschaft, doch wird Usūl al-fiqh meist als eine eigenständige Disziplin neben Fiqh
genannt. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den beiden Disziplinen gab es die Auffassung, dass Fiqh das Ergebnis von Usūl al-fiqh darstellt.
Bis heute gehören die Usūl al-Fiqh zum Kernbestandteil der Ausbildung in islamischen Hochschulen des Madrasa. Sie gelten als die wichtigste wissenschaftliche Disziplin in der Ausbildung eines
Mudschtahid.