Zakat ist die Säule des Islam, die am stärksten verändert wurde – in einem derartigen Maße, dass die Leute nicht länger wissen, was Zakat ist. Sie wurde reduziert auf einen
persönlichen Akt des Spendens (arab. Sadaqa), wenn er auch noch als verpflichtend gilt. Solange wir, so die heutige Meinung, 2,5 Prozent unseres überschüssigen Eigentums nehmen und es an die
Bedürftigen oder eine wohltätige Organisation überweisen, hätten wir unsere Pflicht erfüllt. Aber dies ist nicht wirklich Zakat.
Diese Säule ging verloren, weil das Verständnis ihrer Grundlagen verloren ging. Die Zakat bleibt zerbrochen, bis das korrekte Verständnis dieser Säule wiederhergestellt ist. Das Haus des
Islam, das von solchen Säulen getragen wird, bleibt eine Ruine. Die erste fundamentale Angelegenheit der Zakat ist eine gemeinschaftliche Führung. Denn Zakat – weit davon entfernt, ein privater
Akt der Anbetung zu sein, dessen Bezahlung dem individuellen Bewusstsein überlassen bleibt – ist eine Funktion der Autorität unter den Muslimen insgesamt; aber zumindest der lokalen
Autorität unter den Muslimen an einem bestimmten Ort. Zakat wird genommen, nicht gegeben.
Allah sagt in einem bekannten Vers: „Nimm Sadaqa von ihrem Reichtum, um sie zu reinigen und zu säubern.“ Nach Ansicht der Qur’ankommentatoren bezieht sich Wort „Sadaqa“ hier gezielt auf
Zakat. Dies und das „Khudh (Nimm)“ sind entscheidend für das Verständnis der Aussage. Allah befiehlt Seinem Propheten, die Zakat vom Reichtum der Leute zu nehmen – und nicht, es ihnen zu
überlassen, ob sie geben wollen oder nicht. Das war seine Praxis und die der rechtgeleiteten Autoritäten unter den Muslimen, die nach ihm kamen.
Sie waren sogar bereit, einen Konflikt um die Zakat zu führen, da sie ihrer Ansicht nach wesentlich für die Aufrechterhaltung der Einheit und des Wohlergehens der muslimischen Gemeinschaft war.
Abu Bakr zwang die Stämme – die dem Propheten noch die Zakat gaben –, die Pflichtabgabe auch an ihn zu zahlen. Er wusste, dass das Überleben des Dins auf der korrekten Umsetzung und Kenntnis
der Zakat aufbaute. Er verstand, dass ein Verlust des Wissens von der Zakat – und ihre Zahlung als bloße Privatangelegenheit – zum Zerfasern der ganzen Sache an ihren Rändern führte.
Dies beweist die Lage der zeitgenössischen muslimischen Gemeinschaft; machtlos, führungslos und halbherzig – trotz der unglaublichen Menge an Reichtum, derer sie sich stellenweise zu erfreuen
scheint. Dieser Reichtum jedoch ist unrein, schmutzig und ohne Segen. Er wird weiterhin eine Quelle des Schädlichen für Muslime bleiben, bis die Säule der Zakat wiederbelebt wird. Denn es ist
die Zakat, die Reichtum reinigt und ihn tajjib (vollwertig, gut) macht. Wie wir wissen, akzeptiert Allah nur, was tajjib ist.
Es besteht Einigkeit unter Gelehrten, dass das Nehmen der Zakat eine Pflicht der muslimischen Autorität ist. Sie kann entscheiden, an wen sie es unter den acht Kategorien [wie diese im Qur’an
bestimmt werden] verteilt: Arme, absolut Mittellose, ihre Einsammler, diejenigen, die kurz vor der Annahme des Islam stehen, für den Freikauf von Sklaven, den Schuldner, denjenigen, die sich auf
dem Weg Allahs bemühen, und den Reisenden. Das war die gemeinsame Ansicht der vier Imame und aller folgenden Gelehrten ihrer Rechtsschulen. Im Gegensatz zu dem, was viele glauben, gilt sie
genauso für versteckten Reichtum (das heißt, Gold und Silber) wie für offenen (Vieh und Ernten).
Der Beweis dafür findet sich in den Handlungen früher Khalifen. ‘Umar ibn Al-Khattab wies seine Gouverneure an: „Nehmt von den Muslimen von jeden vierzig Dirhams einen Dirham.“
Und ‘Uthman ibn ‘Affan nahm die Zakat direkt von den jährlichen Besoldungsgeldern, bevor sie den Leuten ausgehändigt wurden. Ein weiterer Beweis dafür findet sich in der Muwatta, wo Malik die
Aussage Qudamas überlieferte: „Wenn ich zu ‘Uthman ibn ‘Affan ging, um meinen Sold zu holen, fragte er mich: ‘Besitzt du irgendwelchen Reichtum, auf den Zakat fällig ist?’ Wenn ich ‘ja’ sagte,
nahm er die fällige Zakat direkt von meinem Sold. Verneinte ich, zahlte er mir die Summe voll aus.“
Der große hanafitische Rechtsgelehrte Schaikh Abu Bakr Muhammad As-Sarkhasi ging so weit zu sagen, das jeder, der seine Zakat jemandem anderen gibt als der Autorität, seine Pflicht der Zakat
nicht erfüllt. Mit anderen Worten, dies war keine Zakat, sondern bloße Wohltätigkeit und nichts weiter.
Und Imam Ahmad wird in dem Buch „Asch-Scharh Ar-Rabbani li Musnad Ahmad“ zitiert: „Der Khalif allein hat die Autorität und die Verantwortung, die Zakat einzusammeln und zu verteilen. Egal, ob er
es selbst tut oder jemanden dafür beauftragt.“
Das zweite wesentliche Element, das heute bei der Zakat fehlt, ist das Mittel ihrer Bezahlung. Zakat betrifft ausschließlich drei Bereiche: Ernten, Vieh und Geld. Das letztere ist eine
Kategorie, zu der Waren gehören und das, was an Bodenschätzen verborgen ist. Dies gilt, solange jede dieser Kategorien eine Mindestmenge [Nisab] erreicht und eine notwendige Frist abgelaufen
ist. Abgesehen davon wird nichts anderes mit der Zakat belegt.
Imam Malik sagte in der Muwatta: „Es gibt keine Zakat, außer auf drei Dingen: Ernten, ‘Ain [das heißt, Gold und Silber] und Vieh.“ Das ist klar und der Mehrheit der muslimischen Gemeinschaft
bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, dass Zakat in diesen Kategorien bezahlt werden muss. Besteht der Besitz aus Vieh, wird die Zakat in Vieh bezahlt. Besteht sie aus landwirtschaftlichen Ernten
[haltbare Dinge wie Getreide, Mais etc.], dann wird sie in dieser Kategorie fällig. Hat man Besitz in Form von Gold und Silber – oder Handelswaren –, gibt man Gold und Silber. Das sind die
einzigen Substanzen, mit denen Zakat bezahlt werden kann. Nur, wenn man diese benutzt, hat man seine Pflicht zur Zakat erfüllt.
Da Landwirtschaft für den Lebensunterhalt hier weitestgehend entfällt, und die große Mehrheit von uns das Maß unseres Besitzes nur in Geld bemisst, dann ist ‘Ain das einzige Gebiet, das uns hier
interessiert. Es ist beschränkt auf Gold und Silber. Das Geld, das die meisten von uns nutzen, ist Papier oder besteht aus Zahlen auf den Monitoren der Computerterminals.
Was also sollen wir tun? Akzeptieren wir den Status Quo und gehen davon aus, dass Papiergeld seinen Platz eingenommen hat, dass es vollkommen austauschbar mit Gold und Silber ist, wie viele
Modernisten glauben? Berechnen und bezahlen wir unsere Zakat in Papiergeld, basierend auf seinem Wert in Gold und Silber? Die Antwort ist ein kategorisches Nein!
Dies ist nicht möglich, weil es der Legalisierung von Wucher (Riba) gleichkommt. Eine Praxis, der Allah und Sein Gesandter den Krieg erklärten. Die Sunna des Gesandten Allahs, seiner Gefährten
und die Bücher des Rechts sind eindeutig. Zakat wird fällig auf das Volumen oder das Gewicht zweier Metalle, nicht auf ihren Wert als Geld. Wert ist kein Bestandteil dieser Gleichung. Selbst
wenn 20 Golddinare nur so viel wert wären, um einen Laib Brot zu kaufen, müsste man trotzdem Zakat darauf bezahlen. Es zählt nur das Gewicht der Metalle im Besitz. Imam Malik sagte in der
Muwatta: „Es gibt keine Zakat auf 20 Dinare, die eindeutig fehlerhaft [in Anbetracht ihres Goldgehalts oder ihres Gewichts] sind. Werden mehr Münzen hinzugefügt, sodass sie ein Niveau erreichen,
dass ihr Gewicht [in Gold] dem von 20 vollwertigen Dinaren entspricht, dann wird sie fällig. Es gibt keine Zakat auf irgendetwas, dessen ‘Ain [das heißt, der Goldgehalt] weniger als 20 Dinare
beträgt.“
Im späten 19. Jahrhundert, kurz nach der Einführung von Papiergeld im osmanischen Reich, wurde der große Schaikh der Azhar, Schaikh ‘Illisch, befragt, ob die Zakat mit dem Papiergeld zu bezahlen
sei, dass in den osmanischen Gebieten zirkulierte. Er entgegnete kategorisch: „Darauf wird keine Zakat bezahlt. Denn Zakat ist beschränkt auf Vieh, bestimmte Arten von Getreide und Früchten,
Gold, Silber, den Umsatz von Geschäften und dem Preis gelagerter Waren. Der fragliche Gegenstand ist in den obigen Kategorien nicht enthalten.“ Zakat, so sein Urteil, wird nur dann fällig, wenn
sein Wert als Schmierzettel den Nisab erreicht. In dem Fall ist sie als Ware zu behandeln, für welche die Abgabe in Gold bezahlt wird. Zakat gilt nur für Dinge, die einen innewohnenden Wert haben
und wird nur in etwas genommen, das über einen eigenen Wert verfügt.
Allah sagt in Seinem Buch: „Und sprich: ‘Die Wahrheit ist gekommen, und das Falsche geht dahin; das Falsche ist ja dazu bestimmt, dahinzugehen.’“ (Al-Isra, 81) Papiergeld ist in
Wirklichkeit eine Lüge – es hat überhaupt keinen Wert. Es ist ein leeres Versprechen, dass keine Wirkung auf den wirklichen Reichtum einer Nation hat. Es ist wie die Magie der Zauberer von
Pharao; Illusion, deren Macht darin liegt, dass die Menschen an sie glauben.
Heute sind wir in einem Zustand der Darura. Das sind Umstände, unter denen etwas Verbotenes zeitweise erlaubt wird. Auch wenn – genau gesprochen – keine Zakat auf Reichtum in Form von Bankkonten
sowie anderen modernen Spar- und Investitionsformen erhoben wird, weil kein eigentliches Gold oder Silber beteiligt ist, dann ist es doch im besten Interesse der Muslime, dass Zakat bezahlt
wird. Sie sollten in dieser Übergangsphase den Wert ihres Geldes in Gold kalkulieren und bezahlen, was geschuldet wird. Sie müssen jedoch sicherstellen, dass sie dasjenige, was sie zahlen müssen,
in physischem Gold geben – in Dinaren. Denn Zakat ist ein Akt der Anbetung und die rituellen Handlungen müssen genauso ausgeführt werden, wie sie im Qur’an und in der Sunna festgelegt
werden.
Dass die Zakat, die man als verpflichtende Sozialabgabe bezeichnen kann, zu den Fünf Säulen des Islam gehört, neben Glaubensbezeugung, Gebet, Fasten im Ramadan und der
Hadsch, wissen die meisten. Damit ist sie auch eine Handlung der Anbetung, eine ‘Ibada. Anders als bei den anderen Säulen haben aber leider viele Muslime heute oft nur geringe Kenntnisse über die
Zakat, sodass manche Autoren die Zakat schon als die „vergessene Säule des Islam“ bezeichnet haben. Für viele ist sie nur eine Spende, die einmal im Jahr in einer bestimmten, berechneten Höhe zu
geben ist. Sie ist aber eine Pflichtabgabe, die gemäß dem islamischen Recht nicht vom Einzelnen gegeben, sondern genommen, also von einer dazu berechtigten Autorität eingesammelt und verteilt
werden muss.
Grundlegendes zur Zakat
Das Wort Zakat kommt von der Wurzel „zakka“, was „reinigen“ beziehungsweise „etwas reinigen“ bedeutet, wie auch „tazakka“, „sich selbst reinigen“. Man kann also sagen, dass die Handlung der
Zakatentrichtung eine Reinigung ist. Sie wird deshalb so genannt, weil sie das Vermögen des Gebenden reinigt und der Gebende deshalb durch Allah Zuwachs erhält, da Allah durch das Bezahlen der
Zakat seine Rangstufe bei Ihm erhöhen wird. Allah sagt im Qur’an: „Nimm Sadaqa von ihrem Vermögen, um sie dadurch zu reinigen und zu säubern.“ (At-Tauba, 104) Die Qur'an-Gelehrten sind sich
einig, dass hier mit „Sadaqa“ tatsächlich Zakat gemeint ist. Allah befiehlt hier Seinem Gesandten, Zakat von den Menschen zu nehmen - nicht den einzelnen Menschen, sie zu geben.
Die Zakat zu entrichten, ist eine Verpflichtung für jeden Muslim (Fard ’Ain), sofern man über eine bestimmte Menge an Besitz verfügt, die eine bestimmte Grenze (Nisab) überschreitet und eine
festgelegte Zeit (diese variiert je nach Ware, beträgt aber in der Regel ein volles Mondjahr) abgelaufen ist. Es ist auch verpflichtend, daran zu glauben, dass die Zakat eine absolute Pflicht
ist. Die Wichtigkeit der Zakat für das Gesamtgebäude des Islam wird daraus ersichtlich, das Allah ihr an fast 30 Stellen im Qur’an durch die gemeinsame Nennung mit dem Gebet den gleichen
Stellenwert wie dem Gebet gegeben hat. Die Stellen, in denen die Zakat alleine erwähnt wird, sind hingegen deutlich weniger. „Salat [das verpflichtende Gebet] und Zakat sind Geschwister, sie
gehören zusammen“, sagt dazu der Gelehrte Dr. Asadullah Yate aus Potsdam.
Zakat ist eine Vermögensabgabe, die auf bestimmte Formen des Besitzes erhoben wird: Gold und Silber, haltbare, ortsübliche landwirtschaftliche Güter, Vieh und Waren. Über ihre Verteilung findet
man im Qur’an folgendes: „Die gesammelte Zakat ist für die Armen; die Mittellosen; diejenigen, die sie einsammeln; um die Herzen der Leute nahe zu bringen; für die Befreiung von Sklaven; die
Verschuldeten; die Ausgabe auf dem Wege Allahs und die Reisenden. Dies ist eine Vorschrift von Allah. Allah ist Allwissend, Allweise.“ (At-Tauba, 60)
In einer Überlieferung vom Propheten berichtete ‘Ibn ‘Abbas, einer der großen Gefährten des Propheten: „Der Gesandte Allahs sandte Mu’adh in den Jemen und wies ihn an: ‘Ruf sie auf, zu bezeugen,
dass es keinen Gott gibt außer Allah und dass ich der Gesandte Allahs bin. Wenn sie dem folgen, dann unterweise sie, dass Allah ihnen Tags wie Nachts fünf Gebete verpflichtend gemacht hat. Wenn
sie dem folgen, dann lehre sie, dass Allah befohlen hat, die Zakat von ihrem Vermögen zu nehmen und diese den Armen zu geben.’“ Wie Zakat zahlen?
Auf die Einzelregelungen zur Zakat kann hier natürlich nicht erschöpfend eingegangen werden. Erwähnt werden soll aber, dass die Zakat auf finanzielles Vermögen gemäß der klassischen
Rechtsauffassung eigentlich in Gold und Silber gezahlt werden muss, und nicht mit Papiergeld. Bei letzterer Zahlungsweise handelt es sich eigentlich um eine Ausnahme - eine Notlösung, angesichts
der heutigen Gegebenheiten. Der Gelehrte ‘Abdalhaqq Bewley betrachtet Papiergeld gemäß seiner ursprünglichen Funktion als Schuldscheine, die keinen eigenen Wert an sich besitzen: „Die Muslime
sollten das Papiergeld von der rechtlichen Perspektive der ‘Darura’ betrachten - als etwas Unangenehmes, das kein Muslim benutzen würde, es sei denn, er wird unbedingt dazu gezwungen, und ebenso
als eine Sache, für die bei der ersten Gelegenheit ein Ersatz gefunden werden muss, der halal [erlaubt] ist.“ Ebenso eine Ausnahme ist es, dass Zakat individuell gegeben anstatt von einer
Autorität genommen wird. Nach Auffassung von Gelehrten handelt es sich dabei nicht um die eigentlich korrekte Weise, diese Säule des Islam einzurichten, und es sollte angestrebt werden, die
Voraussetzungen für eine korrekte Einnahme und Verteilung der Zakat zu schaffen.
Die gegenwärtige Praxis
Heute findet man oft, dass Muslime, die sich bemühen, ihrer Verpflichtung zur Zakat nachzukommen, ihre Zakat mit Hilfe von Broschüren und dergleichen selbst berechnen und dann beispielsweise
einer muslimischen Hilfsorganisation überweisen. Einzelne dieser Organisationen bieten auf ihren Webseiten sogar eine Funktion zum Berechnen an. Ob Hilfsorganisationen nach islamischem Recht
überhaupt berechtigt sind, Zakat einzunehmen, ist jedoch umstritten. Das „European Council for Fatwa and Research“, ein Gelehrtengremium unter Leitung von Dr. Yusuf Al-Qaradawi, das den Anspruch
erhebt, Antworten auf rechtliche Fragen der Muslime in Europa zu beantworten, sieht dies als zulässig an, mit der Begründung, dass bei Fehlen einer zentralen Autorität der Muslime die
Verpflichtung zur Entrichtung der Zakat weiter bestehe und man dieser nachkommen müsse, so gut man eben könne. Ebenso sammeln verschiedene muslimische Organisationen, etwa Verbände, denen
Moscheevereine angegliedert sind, Zakat ein. Dabei darf aber natürlich die Zakat nicht etwa zum Erhalt der jeweiligen Organisation oder deren Strukturen oder Tätigkeiten verwendet werden, sondern
nur an die genannten acht Kategorien von Empfängern gehen. In Deutschland sammelt etwa die „Islamische Gemeinschaft Milli Görüs“ (IGMG) in den mit ihnen verbundenen Moscheevereinen Zakat ein.
Näheres dazu, auch über die Verteilung dieser Gelder, war leider nicht in Erfahrung zu bringen, da die Organisation auf eine entsprechende Anfrage leider nicht antwortete.
Die Zakat ist also im Grunde eine öffentliche und gemeinschaftliche Angelegenheit, keine private. ‘Abdalhaqq Bewley sagt dazu: „Die Fiqh-Bücher aller Rechtsschulen, wie auch die Bücher der
muslimischen Geschichte belegen, dass die Verbindung zwischen der Verpflichtung zur Zahlung der Zakat und dem sozialen Netz der Muslime evident ist. Die zentral bestimmte Einnahme und Verteilung
wird in der gesamten traditionellen Literatur als das allgemein Übliche angesehen.“ Heute hat sich jedoch der Zustand, dass Zakat selbst gegeben wird, schon so verfestigt, dass beispielsweise in
dem unter türkischen Muslimen populären Islam-Handbuch „Büyük Islam Ilmihali“ von Ömer Nasuhi Bilmen auch nur noch vom „Geben“ der Zakat die Rede ist.
Lokal oder global?
Was die Verteilung der Zakat angeht, so sollte diese nach übereinstimmender Rechtsauffassung in erster Linie vor Ort, also lokal erfolgen, es sei denn, es ist nicht möglich, da es vor Ort keine
der im Qur’an definierten acht Kategorien von Empfängern gibt. Dies wird auch von dem bereits erwähnten „European Council“ bestätigt, das in einer Fatwa mit Verweis auf die entsprechende
Mehrheitsmeinung der Rechtschulen darauf hinweist, dass Zakat nur ins Ausland geschickt werden solle, wenn im Inland kein Bedürfnis dafür bestehe. Außerdem sollten die Muslime laut dieser Fatwa
auch Teile ihrer Zakat islamischen Institutionen geben, die sich der Schaffung notwendiger Infrastruktur vor Ort verschrieben haben, obgleich diese eigentlich nicht zu den Kategorien von
Zakat-Empfängern zählen. Auch den im Ausland tätigen Hilfsorganisationen ist die Priorität der Verteilung vor Ort durchaus bekannt. So heißt es in einem Info-Text zur Zakat von muslime helfen:
„Die islamischen Gelehrten sind sich einig, dass die Priorität bei der eigenen Gemeinde anzusetzen ist. Sind die Bedürfnisse innerhalb der Gemeinde gestillt, kann ein Teil der Zakat anderweitig
eingesetzt werden (zum Beispiel notleidende Verwandte, Menschen in Katastrophen- und Krisengebieten).“ Allerdings nimmt muslime helfen keine Zakat an. Anders Islamic Relief, die dies tun. Der
Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland, Tarek Abdelalem, sagte kürzlich in einem IZ-Interview zu dieser Frage: „Grundsätzlich ist unsere Zielsetzung, Hilfe für Bedürftige im Ausland zu
leisten. Aber wir müssen auch umdenken und auch hierzulande Hilfe leisten. Die Idee zu sozialen Aktivitäten in Deutschland besteht bei uns bereits seit langem. Inzwischen geht bereits 30 Prozent
des von uns eingesammelten Zakat-Geldes an Bedürftige in Deutschland.“
Bei einer Einsammlung und Verteilung der Zakat vor Ort kann eine lokale Identität der Muslime entstehen, die weniger als bisher auf die Herkunftsländer bezogen ist. Die Notwendigkeit der
Einsammlung und Verteilung an die im Qur'an erwähnten Kategorien von Empfängern und die Notwendigkeit, diese zu ermitteln, würde auch dazu führen, dass die Muslime sich lokal besser kennen. Die
Verteilung von Zakat gewinnt nicht zuletzt angesichts des immer dünner werdenden Netzes der sozialen Sicherung eine steigende Relevanz, wie auch islamische Stiftungen, Märkte und generell
wohltätige und soziale Aktivitäten in bester islamischer Tradition.
Letztlich zeigt sich gerade auch an der Zakat, wie auch in anderen Punkten, dass, um den Islam richtig zu leben, das Vorhandensein einer Gemeinschaft notwendig ist. Jedem Muslim ist daher zu
empfehlen, eine solche zu suchen oder aber eine zu bilden. In einer individualisierten, vereinzelten und rein auf die Kleinfamilie beschränkten Lebensweise ist der Islam nun einmal nicht
umfassend erfahrbar.