Die Ahkam [Gebote] der Shari’ah können durch vier Dinge bewiesen werden: durch Qur’an oder Rasulullah صلى الله عليه وسلم seine Sunnah, sprich durch seine Aussagen oder Taten, oder durch Ijma’ oder durch Qiyas. Dies sind die vier Fundamente und wieviele Ahkam der Shari’ah es auch gibt, sie sind alle durch einer dieser [Fundamente] bewiesen.
Qur’an und Sunnah
Auch wenn im heiligen Qur’an viele Ahkam vorkommen, so wurden nicht alle Ahkam erwähnt. Von einigen Ahkam wurden nur die Usul [Richtlinien] angegeben, stellenweise wurden nur Andeutungen gemacht, an manchen Stellen wurde nur eine Richtung gegeben und im Bezug auf die restlichen wurde gesagt, dass du dem folgen sollst was Rasulullah صلى الله عليه وسلم sagt. Deshalb spricht Allah Ta’ala:
“Und was euch der Gesandte gibt, nehmt es: und was er euch untersagt, enthaltet euch dessen.” [59:7]
Es wurde also anstatt alle Ahkam zu nennen auf Rasulullah صلى الله عليه وسلم verwiesen: Dies ist Unser Gesandter, er lehrt euch nichts von sich aus. Sondern dass was Wir sagen, das überbringt er euch.
“Noch spricht er aus Begierde. Es ist eine Offenbarung nur, die offenbart wird.” [53:3-4]
Folglich, tut was er euch befiehlt und enthaltet euch dessen er euch untersagt. Des Weiteren findet man im heiligen Qur’an Verse bezüglich der Wichtigkeit der Sunnah:
“Wer dem Gesandten gehorcht, der gehorcht in der Tat Allah.” [4:80]
Durch diese Erklärung wird es deutlich, dass alle Ahkam der Shar’iah, die in Ahadith erwähnt wurden oder durch Rasulullah صلى الله عليه وسلم seine Taten bewiesen sind, in Wirklichkeit indirekt durch den Qur’an bewiesen ist. Denn Rasulullah صلى الله عليه وسلم zu gehorchen ist Qur’an zu gehorchen.
Ijma’ [Konsens]
Das dritte [Fundament] ist Ijma’. Durch Ijma’ ein Hukm [Gebot] zu beweisen bedeutet, wenn in einer Zeit alle Mujtahidin der Ummah bezüglich eines Gebotes eine einstimmige Entscheidung treffen, dann ist dies der Hukm Allahs. Allah Ta’ala hat dieser Ummah diese Ehre zugute gehalten, dass wenn alle Fuqaha und Mujtahidin – unabhängig davon in welcher Zeit sie leben – übereinstimmig entscheiden, dass dieses Halal ist oder jenes Haram ist, dann ist dieses bei Allah Ta’ala auch Halal oder jenes ist bei Allah Ta’ala auch Haram. Der Beweis dafür ist ein Hadith von Rasulullah صلى الله عليه وسلم. Er sagte: لا تجتمع أمتي على الضلالة
Meine Ummah wird nicht über eine Irreführung übereinstimmen.
[Ibn Mâjah, Kitabul fitan, Nr. 3950; at-Tirmidhi Djami As-Sahih]
Es kann also nicht sein, dass die gesamte Ummah über eine irrenführende Sache übereinstimmt und sagt sie sei erlaubt. Dies wird nie geschehen. Wenn es jemand als erlaubt erklären möchte, werden andere Leute ihm widersprechen. Wenn ihm keiner widerspricht, dann ist dies ein Anzeichen dafür dass Allah Ta’ala ihn gerechtleitet hat und seine Entscheidung korrekt ist. Mit den Entscheidungen der Ummah sind die Entscheidungen der Fuqaha und Mujtahidin der Ummah gemeint.
Der Beweis der Ijma’ wird auch durch den heiligen Qur’an belegt. Allah Ta’ala spricht:
“Jener aber, der sich dem Gesandten widersetzt, nachdem ihm der rechte Weg klar geworden, und einen andern Weg befolgt als den der Gläubigen, den werden Wir verfolgen lassen, was er verfolgt, und werden ihn in die Hölle stürzen; und schlimm ist die Bestimmung.” [4:115]
Wer also gegen die Gläubigen einen Weg einschlägt wird in Jahannam geworfen. Somit haben wir erfahren, dass gegen die übereinstimmige Entscheidung der gesamten Gläubigen zu handeln ist nicht erlaubt.
Qiyas [Analogie]
Das vierte [Fundament] ist Qiyas. In der Regel denken Leute so wie in Zeitungen philosophiert wird, funktioniert wohl auch dieses Qiyas. Aber dieser Gedanke ist falsch. Der Prozess von Qiyas ist eine sehr schwere Arbeit. Es ist nicht die Aufgabe jedermanns und die Fähigkeit sind auch nicht in Jedem vorhanden. Große, große ‘Ulama und Fuqaha haben Leben verbracht, dann irgendwann war die Fähigkeit da Qiyas auszuführen.
[Qiyas] seine Realität zu verstehen benötigt lange Erläuterungen. Verstehe so viel, dass wenn ein Hukm durch den heiligen Qur’an, Hadith oder Ijma’ bewiesen ist und dann solch ein Sachverhalt auftritt, dessen deutlicher Hukm weder im heiligen Qur’an ist und auch nicht im Hadith oder in Ijma’. Aber dieser Sachverhalt ähnelt dem vorherigen Sachverhalt. Welchem Hukm dem vorherigen gegeben wurde wird dann auch diesem gegeben, diese Handlung nennt man Qiyas.
Beispielsweise ist es nicht erlaubt Weizen für mehr oder weniger Weizen zu verkaufen. Zum Beispiel gibt jemand ein Kg Weizen und nimmt vom anderen ein und halb Kg Weizen, das ist nicht erlaubt – es ist Haram. In der Sunnah wurde dieses als Zinsen erklärt. Darüber ist Rasulullah صلى الله عليه وسلم seine deutliche Aussage vorhanden. Jetzt aufgepasst, bezüglich Weizen gibt es diesen Hukm aber über Reis kommt dieser Hukm im Hadith nicht vor. Also wenn im Austausch für ein Kg Reis ein und halb Kg Reis genommen werden, ist dies erlaubt oder nicht? Über Reis haben Fuqaha und Mujtahidin Qiyas ausgeübt. Folglich sagt Imam Abu Hanifa, dass der Hukm, der für Weizen gilt, auch für Reis gilt. Sprich, so wie im Austausch für ein Kg Weizen ein und halb Kg Weizen zu nehmen nicht erlaubt ist, genau so ist im Austausch für ein Kg Reis ein und halb Kg Reis zu nehmen auch nicht erlaubt. Bei Reis den Hukm von Weizen zu beweisen ist Qiyas.
Ich habe euch Qiyas auf eine einfache Art erklärt. Aber weiß nicht wie viel Aspekte für Qiyas betrachtet werden müssen, wie viele Sachen geprüft werden müssen und in wie viele Einzelheiten gegangen werden muss, dann ist es irgendwo möglich einen Hukm durch Qiyas zu beweisen. Dies ist nichts für jedermann. Es ist auch keine Aufgabe für jemanden wie mich, sondern für große, große Mujtahidin und Imame. Es ist nicht die Aufgabe jeden Muftis und auch nicht jeder ‘Alim kann dies tun, sondern nur Mujtahidin können Qiyas ausüben.